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Unverständliche Empfehlung von SGK-S zu TabellenlöhnenInvaliditätskonforme Tabellenlöhne

Beinahe einstimmig forderte das Parlament 2022 mit der Motion 22.3377 eine faire Berechnung des IV-Grads. Der Motionstext verlangt explizit, dass sich der Bundesrat bei der Überarbeitung der sogenannten Tabellenlöhne zur Bestimmung des IV-Grads auf anerkannte statistische Methodik und den Forschungsstand abstützt. Der Bundesrat schlug in der Vernehmlassungsvorlage einen Pauschalabzug von 10% vor. Mit einer Reduktion um 10% entsprechen die Tabellenlöhne aber bei weitem nicht den realistischen Einkommensmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen. Aus Sicht der Wissenschaft müsste ein Abzug von 17% erfolgen. Nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens hat der Bundesrat die Sozialkommission des Ständerats (SGK-S) konsultiert. Deren Mehrheit hat nun eine unverständliche Kehrtwende vollzogen.

Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades werden statistische Werte (sogenannte Tabellenlöhne) angewendet, die auf Einkommen von gesunden Personen basieren. Durch diese unrealistische Bemessungsgrundlage werden die Einkommensmöglichkeiten von Personen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung substantiell überschätzt. Das Resultat: deutlich zu tiefe IV-Grade. Für Petra Kern, Abteilungsleiterin Sozialversicherungen bei Inclusion Handicap ist klar: «Stellt man auf wissenschaftliche Forschungsergebnisse ab – wie dies auch das Parlament in seiner deutlich angenommenen Motion verlangt –, muss ein Pauschalabzug 17% betragen. Je nach Fallkonstellation müssen zudem zusätzlich noch individuelle Abzüge möglich sein.»

Unverständliche Kehrtwende der Kommissionsmehrheit

Noch im Sommer 2022 sprach sich die SGK-S ohne Gegenstimme dafür aus, dass sich der Bundesrat bei der Überarbeitung der Tabellenlöhne auf die anerkannte statistische Methodik und den aktuellen Forschungsstand abstützen soll (vgl. Motion 22.3377 (externer Link)). Anschliessend nahm das Parlament die Motion mit einer überaus deutlichen Mehrheit an. Der Bundesrat schickte daraufhin einen Vorschlag mit einem Pauschalabzug von 10% in die Vernehmlassung. Dieser war aus Sicht von Inclusion Handicap und auch vieler weiterer Akteure ungenügend wissenschaftlich fundiert. Die 10% beziehen sich auf die falsche Vergleichsgruppe und sind daher für die IV-Grad-Berechnung keine valable Referenz. Der Dachverband wies in seiner Vernehmlassungsantwort darauf hin, dass der Bundesrat die Motion damit nur ungenügend umsetzt. Dass nun auch die Mehrheit der SGK-S einen Pauschalabzug von 10% empfiehlt und sich damit von anerkannter statistischer Methodik und dem Forschungsstand und somit auch vom Motionstext abkehrt (vgl. Medienmitteilung SGK-S vom 16.8.2023 (externer Link)), ist für Inclusion Handicap eine herbe Enttäuschung.

Mit einem Pauschalabzug von lediglich 10% tritt man die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse und damit auch den Motionstext mit Füssen: Aus einer Studie des Büros BASS (externer Link) und dem darauf basierenden Diskussionspapier (externer Link) geht vielmehr hervor, dass die Tabellenlöhne für alle um rund 17% gesenkt werden müssten und dass je nach Fallkonstellation zusätzlich noch individuelle Abzüge notwendig wären.

Schwesterkommission ist aufgefordert, Motion treu zu bleiben

Inclusion Handicap fordert die SGK-N als Schwesterkommission der SGK-S auf, der Wissenschaft Gehör zu schenken und dem Motionstext treu zu bleiben. Die nächste Sitzung der SGK-N findet am 31. August / 1. September 2023 statt. Der Dachverband wird die Empfehlung der SGK-N genau beobachten. 

Auskunft

Petra Kern, Abteilungsleiterin Sozialversicherungen Inclusion Handicap
079 714 07 37 /