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Barrierefreiheit im ÖV: Ziele bei weitem verpasst14.12.2023: Standbericht BAV 2023

Die vom Bundesamt für Verkehr (BAV) publizierten Zahlen zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) im ÖV zeigen ein ernüchterndes Bild: Bei 499 Projekten bzw. rund 28 % der Bahnhöfe wird die Anpassungsfrist überschritten. Bei über 90 Bahnhöfen ist eine Inbetriebnahme sogar erst nach 2030 geplant. Unverständlich ist zudem, dass im Vergleich zu letztem Jahr neu rund 190 Bahnhöfe bzw. Haltestellen aufgrund Unverhältnismässigkeit nicht umgebaut werden. Ende 2021 sprach das BAV noch von 140 Bahnhöfen.

Dass ein beachtlicher Teil des Bahn-, aber auch des Bus- und Tramverkehrs für Menschen mit Behinderungen nach Ablauf der Anpassungsfrist nicht autonom benutzbar sein wird, ist enttäuschend und für die betroffenen Menschen frustrierend. Der ÖV ist ein wichtiges Bindeglied und Türöffner für Arbeit, Ausbildung und soziale Kontakte. Er ist von zentraler Bedeutung für die Teilhabe am öffentlichen Leben. Kurz: Für Menschen mit Behinderungen ist es entscheidend, dass sie den öffentlichen Verkehr gleichberechtigt und autonom nutzen können.

Leider muss im Jahr 2023, in dem die 20-jährige Frist zur Umsetzung des BehiG abläuft, klar und deutlich festgehalten werden: Gemessen an der gesellschaftlichen Bedeutung und der Wichtigkeit für viele betroffene ÖV-Nutzer:innen erhält die Barrierefreiheit nicht die notwendige Priorität. 

Viele ÖV-Unternehmen sowie die Behörden auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene haben einen Grossteil der BehiG-Frist schlicht verschlafen, obwohl sie seit bald 20 Jahren bekannt ist. Die Verantwortlichen müssen nun grundlegend über die Bücher: Dazu sind eine Regulierung mit etappierten Zwischenzielen, zuständigen Kontroll- und Sanktionsinstanzen sowie eine solide und zweckgebundene Finanzierung unabdingbar.

Zunächst ist wichtig, die gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene anzupassen mit dem Ziel, dass bis spätestens Ende 2030 der ÖV von Menschen mit Behinderungen autonom genutzt werden kann. Die vom Bundesrat in die Vernehmlassung geschickte Revision des BehiG enthält keine entsprechenden Regelungen (siehe auch Medienmitteilung Inclusion Handicap vom 08.12.2023). Inclusion Handicap wird seine Forderungen im Rahmen der laufenden Vernehmlassung zur BehiG-Revision stellen. 

Wir halten den Bundesrat an, die Umsetzung der autonomen ÖV-Nutzung von Menschen mit Behinderungen, Senior:innen und allen weiteren Mobilitätsbeeinträchtigten Menschen wirkungsvoll zu regulieren.