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Chancengleichheit ist nur ein leeres VersprechenMedienmitteilung vom 30.03.2023: Nachteilsausgleich beim «numerus clausus»

Eine junge Frau wirft der Universität Bern Diskriminierung beim Zugang zur Hochschulbildung vor: Ohne behinderungsbedingten Ausgleich besteht keine echte Chancengleichheit. Mit einem Mehrheitsentscheid (3:2) kommt das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zum Schluss, dass kein rechtlicher Anspruch auf Nachteilsausgleich in Form eines Zeitzuschlags beim «numerus clausus» besteht. Inclusion Handicap nimmt das Urteil mit Enttäuschung zur Kenntnis, stellt aber gleichzeitig fest, dass bei dieser Frage keine Einstimmigkeit herrscht.

Manuela (Name geändert) wollte Veterinärmedizin an der Universität Bern studieren. Sie beantragte aufgrund ihrer Dyslexie einen Nachteilsausgleich für den «numerus clausus», unter anderem in Form eines Zeitzuschlags. Die Universität Bern verweigerte den Zeitzuschlag ganz. Manuela absolvierte die Prüfung trotzdem, erhielt aufgrund ihres Resultats jedoch keinen Studienplatz. Diesen Entscheid hat sie bei der Bildungs- und Kulturdirektion des Kantons Bern angefochten. Nach Abweisung ihrer Beschwerde durch die Direktion hat sie den Fall ans Verwaltungsgericht des Kantons Bern weitergezogen. 

Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde nun ebenfalls ab und hält fest, dass Nachteilsausgleichsmassnahmen keine Vorzugsbehandlung gegenüber anderen Bewerber:innen darstellen sollen. Die Zeit sei ein wesentliches Element des «numerus clausus»; ein Zeitzuschlag würde die Vergleichbarkeit der Testergebnisse in Frage stellen.

Gleichbehandlung ist keine Bevorteilung

Die Schweiz hat sich mit der UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) verpflichtet, Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Hochschulbildung und zu lebenslangem Lernen gleichberechtigt mit Menschen ohne Behinderungen zu gewährleisten. «Daraus und aus dem Diskriminierungsverbot in der Verfassung ergibt sich das Recht auf angemessene Vorkehrungen, um die Chancengleichheit von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten», sagt Caroline Hess-Klein, Leiterin der Abteilung Gleichstellung bei Inclusion Handicap. Darunter fällt auch das Recht auf Nachteilsausgleich bei Prüfungen: Dies stellt keine Bevorteilung dar. Der Dachverband der Behindertenorganisationen hat die Beschwerdeführerin im Verfahren vertreten.

Zeitzuschlag als anerkannte Massnahme

Die Universität Bern gewährt bei anderen Prüfungen während dem Studium Zeitzuschläge als Massnahmen des Nachteilsausgleichs. Es ist widersprüchlich, wenn sie dies bei der Zulassungsprüfung nicht macht. Jede Prüfung wird innerhalb einer bestimmten Zeit durchgeführt; der «numerus clausus» unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von einer anderen Prüfung. Das Bundesgericht hat bereits mehrfach anerkannt, dass die Gewährung eines Zeitzuschlags bei Prüfungen eine mögliche Massnahme des Nachteilsausgleichs darstellt (BGer 2C_974/2014 E. 3.4; BGer 2D_7/2011, E. 3.2). Inclusion Handicap wird prüfen, ob er den Entscheid an das Bundesgericht weiterzieht. 

Auskunft

Caroline Hess-Klein, Abteilungsleiterin Gleichstellung Inclusion Handicap
076 379 94 72 /   

Cyril Mizrahi, Anwalt, Abteilung Gleichstellung Inclusion Handicap
079 412 21 80 /