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Handicap und Recht 07-09/2022

Handicap und Recht 07-09/2022

«Handicap und Recht» ist eine Sammlung juristischer Artikel in den Bereichen Gleichstellungs- und Sozialversicherungsrecht. Inhalt sind die Präsentation und Kommentierung von praxisrelevanten Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsweisungen, ausgewählte Gerichtsurteile sowie Beispiele aus der Beratungstätigkeit.   

Inhalt dieses Newsletters:

- Handicap und Recht 07/2022: Hörgeräte für die erstmalige berufliche Ausbildung: Verwaltungsgericht bestätigt Anspruch

- Handicap und Recht 08/2022:  IV: Assistenzbeitrag – Abklärungsinstrument FAKT2 im Bereich «Erziehung und Kinderbetreuung» ungenügend 

- Handicap und Recht 09/2022: IV: Erstmalige berufliche Ausbildung - bei Autismus-Spektrum-Störung ist auch (Nischen-) Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.


IV

Hörgeräte für die erstmalige berufliche Ausbildung: Verwaltungsgericht bestätigt Anspruch

Hörgeräte sind von der IV nicht nur als Hilfsmittel im Rahmen der vom EDI erlassenen Hilfsmittelliste zu vergüten, sondern gelten auch als behinderungsbedingte Mehrkosten einer erstmaligen beruflichen Ausbildung, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess eine Beschwerde gut, welche die Kostenübernahme neuer Hörgeräte verlangte, die für die Ausbildung des Beschwerdeführers B. erforderlich waren. Wird ein Hilfsmittelanspruch verneint, schliesst dies eine Übernahme derselben Kosten unter dem Titel der behinderungsbedingten Mehrkosten im Rahmen der erstmaligen beruflichen Ausbildung nicht aus, hielt das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 2. August 2022 (200 22 262 IV) fest.


IV: Assistenzbeitrag – Abklärungsinstrument FAKT2 im Bereich «Erziehung und Kinderbetreuung» ungenügend

In einem Leitentscheid aus dem Jahre 2014, BGE 140 V 543 (externer Link), hatte das Bundesgericht festgehalten, dass das Abklärungsinstrument FAKT2 grundsätzlich ein geeignetes Instrument zur Ermittlung des Assistenzbedarfs ist. In seinem Urteil vom 6.9.2022, 9C_538/2021 (externer Link), relativiert und präzisiert das Bundesgericht diese Rechtsprechung nun aber. Es kommt zum Schluss, dass das FAKT2 für die Ermittlung des Hilfebedarfs im Bereich «Erziehung und Kinderbetreuung» nicht geeignet ist.


IV: Erstmalige berufliche Ausbildung – bei Autismus-Spektrum-Störung ist auch (Nischen-) Arbeitsmarkt zu berücksichtigen

Mit Urteil vom 12.9.2022 (9C_131/2022 (externer Link)) hält das Bundesgericht fest: Bei der Prüfung der Übernahme von behinderungsbedingten Mehrkosten im Rahmen einer erstmaligen beruflichen Ausbildung von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung ist nicht nur der breite Arbeitsmarkt massgebend, der grösstenteils nicht auf ihre Einschränkungen und besonderen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Zu berücksichtigen ist auch der für sie existierende besondere (Nischen-) Arbeitsmarkt. Gemäss Bundesgericht ist es gerichtsnotorisch, dass Personen mit Autismus-Spektrum-Störung in bestimmten Bereichen des freien Arbeitsmarktes überaus gute Chancen hätten, sich beruflich zu etablieren.